Dienstag, 7. April 2015

Symbol der Schönheit

Symbol der Schönheit


Es sind die kleinen Dinge, die uns begreiflich machen, was Schönheit bedeutet und wie schön das Leben ist.
Für mich war es an diesem Tag eine Blumenwiese. Gut, nimmt man es genau, ist diese nicht besonders klein, aber doch in dem Sinne, was die Gesellschaft als schön bezeichnet: Liebe, Freundschaft, etc. Ja, sie sind schön, aber auch nur, weil sie sich aus vielen kleinen schönen Dingen zusammensetzen.
Genau genommen tut eine Blumenwiese das auch, aus vielen kleinen Blumen und Gräsern. Sie ist genau so vielfältig wie Freundschaft oder Liebe.
Überall sprießen hier bunte Blumen aus dem Boden, rote Tulpen und Mohnblumen, blaue Vergissmeinnicht, gelbe Butterblumen, weiße Gänseblümchen und viele mehr. Dazwischen ist überall Gras und Pflanzen, die in Gärten als Unkraut bezeichnet werden. Doch hier passen sie perfekt ins Bild, fügen sich ein und lassen die Blumenwiese noch schöner und natürlicher wirken.
Ich vermute, dass die bunte Vielfalt der ausschlaggebende Punkt dafür ist, dass sie mir so gut gefällt, die Natürlichkeit, mit der die Pflanzen hier wachsen – ohne irgendwelche menschlichen Eingriffe.
Nur zu gern würde ich hineinlaufen, singen und mich im Kreis drehen, einfach, weil ich glücklich bin, dass es noch so etwas gibt. Aber dann würde ich einige der Pflanzen abknicken und töten, was ich nicht will. Die Wiese sollte ihren unberührten Charakter behalten.
Am liebsten würde ich einen Zaun darum bauen, um dies zu gewährleisten, aber das wäre ebenfalls ein menschlicher Eingriff in die Natur und es würde die Natürlichkeit, die dieser Ort ausstrahlte, zerstören.
Irgendwann werden die Firmen kommen und dieses kleine Fleckchen Schönheit zerstören und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann. Es wird ein Gebäude gebaut werden, ein Haus oder einfach einer dieser hässlichen grauen Betonklötze, in denen sie arbeiten.
Aber ich kann das Bild dieser wundervollen Blumenwiese in meinem Herzen bewahren. Dort kann ich es immer schützen und niemand kann es mir wegnehmen, außer vielleicht die Vergesslichkeit des Alters, die zweifelsohne irgendwann kommen wird. Doch auch, wenn ich mich nicht an die Wiese erinnern sollte, werde ich immer wissen, dass es etwas wirklich Schönes auf dieser Welt gibt, etwas Unberührtes und Natürliches. Denn das ist Schönheit für mich.
Und während ich einmal um die Wiese herumlaufe, versuche ich so viel von ihr in mich aufzunehmen, zu speichern, damit ich die Hoffnung und das Glück, die dies mit sich bringt nie vergessen werde.
Ich präge mir jede einzelne Blume ein, die ich erkennen kann, atme tief ein, genieße den Geruch, der mich an Freiheit erinnert und lausche auf das Summen der Bienen und Hummeln, das Zirpen einiger vereinzelter Grillen und die leichte Brise, die weht und die Blumen sanft schwingen lässt.

Jetzt, zehn Jahre später kann ich mich noch immer genau an diese Wiese erinnern und als ich zu ihr zurückkehren will, stelle ich fest, dass sich meine Befürchtung bewahrheitet hat: ein großer Gebäudekomplex ist entstanden, wo einst die bunte Vielfalt der Pflanzen das Auge eines jeden Betrachters erfreute. Nun – offensichtlich doch nicht von jedem, denn sonst wäre sie noch hier.
Enttäuscht und traurig betrachte ich das Gebäude und gehe langsam darauf zu.
Auch dort, wo zuvor ein kleines Wäldchen stand, stehen nun Häuser, graue Betonklötze. Nichts ist mehr von der Natur übrig, die mich vor wenigen Jahren noch so begeistert hat.
Als ich zu Boden blicke, entdecke ich plötzlich ein Gänseblümchen, das sich durch die Lücke zwischen den Steinen gekämpft hat und nun tapfer blüht – in einer Welt, in der es niemand haben will, in der es als Unkraut gilt und entfernt wird, wann immer es wagt, in die ordentliche Welt der Menschen vorzudringen.
Und genau wie die Blumenwiese damals wird dieses einzelne Gänseblümchen ein Symbol der Schönheit für mich, das ich in meinem Herzen bewahre.


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