Mittwoch, 8. April 2015

Die kleinen Dinge und Wunder von Gott

Die kleinen Dinge und Wunder von Gott


Sie trug das goldene Kreuz immer um den Hals, Tag und Nacht, seit sie es zu ihrer ersten Kommunion geschenkt bekommen hatte. Und sie trug es mit Stolz, denn sie glaubte und es war alles, was sie in ihrem Leben tun wollte. Sie wollte dem Herrn dienen und das würde sie, indem sie andere von seiner Barmherzigkeit, seiner Liebe und vor allem seiner Existenz überzeugte.
Denn sie wusste genau, dass er existierte, er stellte es jeden Tag aufs Neue unter Beweis.
Nicht, dass er je zu ihr gesprochen hatte, nein, das tat er nie, doch sie sah seine Gegenwart in all den kleinen schönen Dingen in dieser Welt.
Sie sah es in dem Löwenzahn, der sich durch ein Loch der asphaltierten Straße gezwängt hatte und nun allein dort stand und blühte und der grauen Welt Leben einhauchte.
Sie sah es in den Wolken, die über den klaren blauen Himmel zogen und immer wieder ihre Form und Farbe veränderten.
Sie sah es in den Bäumen, die jedes Jahr aufs Neue aufblühten und der steinernen Welt trotzten, die die Menschen geschaffen hatten.
Sie sah es in dem Schmetterling, der um sie herumflatterte, als sie sich auf das flache Dach ihres Hauses setzte, um die Wolken zu beobachten.
Sie sah es in den Sternen, die zwar durch die Lichter der Stadt kaum zu sehen waren, aber doch mutig weiter leuchteten.
Sie sah es in dem kleinen Kind, das fröhlich in jede Pfütze auf seinem Weg zur Schule hinein hüpfte und all die gehetzten Leute um es herum nassspritzte.
Sie sah es in dem alten Ehepaar von Gegenüber, das inzwischen 61 Jahre verheiratet war und noch immer brachte der Mann seiner Frau täglich Blumen.
Sie sah es, wenn sie in der Badewanne saß und beobachtete, wie der Schaum Schatten auf den Boden der Wanne warf, die sich bewegten und einen wunderschönen Tanz aufführten.
Sie sah es in der Begeisterung, mit der die Menschen in Büchern und CDs stöberten.
Sie sah es in den Umarmungen, die Freunde, Familie und Liebende austauschten.
Sie sah es im Handschlag von Menschen, die sich auf etwas geeinigt hatten.
Sie sah es in dem Lächeln der Menschen, das ab und zu aufblitzte, wenn sie etwas sahen oder an etwas dachten, das ihnen gefiel.
Sie hörte es in dem Lachen, das doch noch häufig von irgendwoher erklang.
Sie hörte es in jedem einzelnen Lied, jedem einzelnen Ton.
Sie hörte es in dem Wind, der um die Häuser strich und sah es darin, wie er die Blätter der wenigen Bäume dieser Stadt herumwirbelte.
Sie hörte es in der Dankbarkeit in der Stimme eines Obdachlosen, wenn sie ihm etwas Geld zusteckte oder etwas zu essen und trinken gab.
Sie hörte es in der Freude der Menschen, die sie auf der Straße zurückgrüßten.
Sie spürte es in der Sanftheit mit der ihre Eltern sie behandelten.
Sie spürte es in der Kirche, wenn der Pastor den Leib Christi überreichte.
Sie spürte es, wenn sie betete. Da war jemand, der sie hörte und ihre Gebete aufnahm. Und dieser Jemand war Gott, wer sollte es auch sonst sein?

Und wegen all dieser Dinge wusste sie ganz genau, dass er existierte und am Ende das Gute über das Böse siegen würde, wenn nur jeder dafür kämpfte. Sie tat es jedenfalls.

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