Sonntag, 22. Juni 2014

Auf einem Parkplatz

Es war einmal...
Auf einem Parkplatz.

„Immer muss sie einkaufen. Immer und immer wieder“, murrte ein roter Golf vor sich hin.
„Natürlich muss sie das“, erwiderte ein blauer Mini. „Sie muss essen und alles, was die Menschen sonst noch für wichtig halten.“
„Ja, aber muss sie deswegen jeden Tag einkaufen fahren?“
Der Mini sah nachdenklich drein. „Hmm... Nein, eigentlich nicht. Vielleicht arbeitet sie ja auch hier?“
„Meinst du nicht, ich als ihr Auto hätte das mitgekriegt?“
Der Golf seufzte, als könnte er solche Dummheit nicht fassen.
„Nicht zwingend. Wenn sie nicht darüber redet, wirst du es wohl kaum mitbekommen.“
„Sie fährt ja nicht jeden Tag hierhin. Und außerdem telefoniert sie ständig beim Autofahren. Daher weiß ich auch, dass sie in einer Bäckerei arbeitet.“
„Vielleicht kauft sie ja dafür ein.“
Wollte dieses dumme Auto denn gar nicht aufgeben?
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber da sie immer mit irgendwelchen Pflegeprodukten zurückkommt... Sie sollte lieber mal mich pflegen. Ich könnte gut einen Ölwechsel brauchen. Und tanken sollte sie auch mal wieder. Ganz zu schweigen davon, wie ich schon wieder aussehe! Wenn sie mich schon nicht selber waschen will, kann sie mich ja wohl mal eben in die Waschanlage fahren, das dauert ja wohl nicht lange.“
Während der Golf sich weiter darüber ausließ, was seine Besitzerin alles mit ihm tun sollte, damit es ihm besser ging, hörte er von der Seite her ein Kichern.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“, wollte er den Mini aggressiv fragen, doch der war inzwischen weggefahren.
Statt seiner stand nun ein protziger Mercedes neben ihm und dieser fand sein Leiden offenbar unglaublich lustig.
„Was?“, knurrte er wütend zu dem schwarzen Auto hinüber.
Dieses kam aus dem Lachen scheinbar gar nicht mehr heraus. „Du... „Duuuuu... Wie du.... Aussiehst!“, prustete es.
„Ja ja, wirklich sehr witzig.“
Wollten ihn denn heute alle ärgern? Irgendwann würde er noch explodieren und das im wörtlichen Sinne. Er lief schon ganz heiß.
„Und ob das witzig ist“, kicherte der Mercedes weiter.
„Nein. Es nervt. Genau wie du. Also lass mich in Ruhe.“
Der Golf schmollte vor sich hin. Abwenden konnte er sich ja alleine nicht. Am liebsten wäre er weggefahren und hätte seine Besitzerin stehen gelassen. Was sie für ein Gesicht machen würde! DAS wäre lustig, aber nicht, dass er dringend gewaschen werden musste. Für eine Weile ging er ganz in der Vorstellung auf, frei zu sein und hinfahren zu können, wo er wollte. Doch bedauerlicherweise konnte er ebendies nicht tun. Er war nur ein Auto und Autos waren nicht frei. Niemals.
„Hey, nun sei doch nicht gleich beleidigt“, plapperte der Mercedes unbeirrt weiter.
Er schien noch ziemlich neu zu sein. Ganz im Gegensatz zum Golf.
„Jeder kann mal nen schlechten Tag haben. Eine schlechte Woche. Ein schlechtes Jahr. Ein schlechtes Leben.“
„Danke“, seufzte der Golf genervt.
„Im nächsten Leben wirds bestimmt besser“, meinte der Mercedes voller Überzeugung.
„Oh Gott, auch noch ein religiöser“, murmelte der Golf.
„Du solltest auch mal darüber nachdenken zu beten. Also mir hilft es, wie du siehst.“
„Ja ja ja...“
Gott sei Dank, da war seine Besitzerin! Mit einer neuen Tüte von DM. Wusste sie nicht, dass diese Plastiktüten die Umwelt verschmutzen? Vermutlich nicht.
Sie stieg in ihren Golf und fuhr weg.
„Nein, wirklich, du solltest echt -“
Und mehr hörte er von den Rufen des Mercedes nicht mehr. Und er hoffte, dies auch nie wieder tun zu müssen.


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